Die Zukunft Gottes?

 

Viele moderne Menschen, obwohl getauft, haben ihr gutes Verhältnis zur Kirche verloren. Das kommt zum Teil daher, dass sie nicht zuständig ist für Dinge, die für die Menschen im Hier und Jetzt wichtig sind: Für Lohn und Arbeit, für Karriere und Beruf, für Wohlstand und soziale Sicherheit. Wenn für viele moderne Individualisten das Gebilde Kirche nur noch bei besonderen Anlässen wie Geburt, Hochzeit, Weihnachten eine unverzichtbare Rolle spielt, so stellt sich die Gottesfrage besonders auch in Grenzsituationen wie Krankheit, Tod und dem Leben danach.

Seit 2000 Jahren wird von natur-religiös begabten Dichtern und Propheten die ewige Zukunft Gottes und die des Menschen als glorreich, wunderbar und herrlich beschrieben im Erleben mit der Natur. Die ewige Herrlichkeit Gottes findet ihr Vorspiel bzw. lässt sich erahnen beim Auf- und Untergang der Sonne, im Blick auf die ewig bewegten Fluten des Meeres, im Staunen über den Sternenhimmel, im Sich-berauschen-lassen von der Blumenpracht auf den Wiesen und in den Wäldern, in denen die Vögel des Himmels wohnen.

Im Blick auf die Zukunft Gottes spricht Jesus auch von einer Hoch-Zeit, zu der seine Anhänger geladen sind und auf die sie sich vorbereiten sollen. Auf dem Wege dorthin scheinen recht belanglose Dinge, die mit einer etablierten Religion nicht viel zu tun haben, eine Rolle zu spielen. Es werden Empfehlungen ausgesprochen: Vater und Mutter, Frau und Kinder, überhaupt das Leben gering zu halten, um Jünger Christi zu werden. Dazu kommen banale Selbstverständlichkeiten: Wer vor dem Hausbau zuerst die nötigen Berechnungen und Messungen anstellt, setzt sich nicht dem Gespött anderer aus, falls sein Projekt misslingt.  Einige von den Forderungen gehören als Normalität zu unserem Leben. Viele von uns haben schon einmal ein Haus gebaut; Möbel für die Wohnung gekauft, je nach Geschmack und Größe. Bei Einkäufen von Lebensmitteln und modischen Kleidern haben Männer und Frauen je ihren eigenen Geschmack. Dennoch: Geplant und überlegt wird immer und überall. Hinter allen Planungen und Berechnungen, die es im Leben gibt und die Jesus im Blick hat, steckt die Frage: Was plant ihr Weltmenschen im Blick auf die ewige Zukunft Gottes, die auch Eure ist?

Bei bestimmten Anlässen singen und beten Kirchenangehörige: Wir sind nur Gast auf Erden. Dahinter steckt die ständige Aufforderung, unser Leben wie ein Gastspiel anzusehen und zu gestalten, bei allen Beschäftigungen das Ewige, Unvergängliche und Bleibende im Blick zu behalten; aber auch froh darüber zu werden, dass alle gelebten Kleinigkeiten als Bausteine angesehen werden können zur Vorbereitung auf die große Zukunft Gottes, die Jesus in den kleinen Dingen des Alltags beschreibt. Diese Zukunft, "Reich Gottes" genannt, gleicht einem Senfkorn, das lange braucht, um zu einem großen Baum zu werden. Wir schnelllebigen und modernen Menschen fragen heute zu Recht: Warum dauert das alles so lange? Warum mahlen Gottes Mühlen so langsam? Dabei merken wir nicht, dass es heute Tausende und Millionen Menschen gibt, die weltweit in allen Religionen und Kulturen dabei sind, Dunkelheit durch Taten der Liebe und Gerechtigkeit zu vertreiben. Ganz gleich, welchen Glaubens oder Unglaubens sie sind: Sie alle geben Zeugnis davon, dass die Predigt Jesu bei vielen Menschen angekommen ist, nicht nur bei Angehörigen von Religionen oder Konfessionen. Überall in der Welt, wo sich unter dem geheimnisvollen Wirken des schöpferischen Geistes Gottes Keime zum Guten und Wahren entwickeln, müssten diese von gläubigen Christen gefördert und gestärkt werden. Der gute Same bedarf überall des Wassers und der Sonne, damit aus dem unscheinbaren Licht ein leuchtendes Feuer werden kann. Die frohe Botschaft von der erlösten und heilen Menschheit im Blick auf die Zukunft Gottes kann schnell zu einer mühsamen und anstrengenden Botschaft werden, wenn es darum geht, das Schwere des Lebens zu ertragen. Im Blick auf die Frage: Wie kann Gott dieses oder jenes in der Welt zulassen? lautet die Antwort des Evangeliums: Auf dem Weg in die Zukunft Gottes ist kein Berg zu hoch, kein Weg zu steinig, kein Kreuz zu schwer, kein Schmerz zu unerträglich. Für den Apostel Paulus sind der Tod und die Auferstehung Christi die eigentlichen Höhepunkte des Lebens. Er stellt die Frage: "Was kann uns scheiden von der Liebe Christi: „Bedrängnis, Not oder Verfolgung? Hunger oder Kälte, Gefahren oder Schwert?" Paulus antwortet darauf: "Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Gewalten der Höhe oder Tiefe, noch irgendeine andere Kreatur kann uns scheiden von der Liebe Christi, die in Christus Jesus ist." (Röm 8. 5-39).

Im Sinne der Evangelien könnte man die frohe Botschaft ausdrücken in dem Satz: Der Weg ist das Ziel! Es kommt darauf an, seinen Weg zu gehen, ganz gleich, wie er aussieht und was im Leben auf jemanden zukommt. Auch dafür ist Paulus ein unübertroffener Kronzeuge: "Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue gehalten. Schon jetzt liegt für mich der Kranz der Gerechtigkeit bereit..., aber nicht nur mir, sondern allen, die sehnsüchtig auf sein Erscheinen warten" (2Tim. 4. 7-8). Dass es sich lohnt, In Tat und Wahrheit auf sein wunderbares Erscheinen zu warten, ist für Paulus eine das Leben bestimmende Verheißung: Wir verkünden, "was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was keinem Menschen in den Sinn gekommen ist: das Große, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben" (1Kor 2.9). In dieser Hoffnung lebend, beten gläubige Christen in jedem Gottesdienst: "Deinen Tod verkünden wir; Deine Auferstehung preisen wir..., bis Du kommst in Herrlichkeit".

Mit diesen Gedanken möchte ich sie in die besinnliche vorweihnachtliche Zeit entlassen.