Glaube - Wachsende Kraft des Vertrauens und der Zuversicht!

 

Es gibt durchaus eine positive Option des Glaubens. Diese wurde neulich einmal deutlich gemacht, als junge Leute darüber diskutierten, was für sie "Glaube" und "Unglaube" bedeutet.

Im Laufe des Gespräches meldete sich eine 15-Jährige zu Wort, befreite das Thema aus der rein religiösen Fragestellung und sagte: "Ich glaube am meisten am meine Oma!" – "Auf sie kann ich mich immer verlassen,; sie hilft mir und nimmt mich ernst; was sie aus ihrer Erfahrung sagt und tut, bringt mich am meisten zum Nachdenken; ich imitiere sie nicht, aber ich orientiere mich an ihrem Verhalten. Auf sie vertraue ich am meisten, weil sie lebenserfahren und lebenstüchtig ist..."

Diese Jugendliche hat auf eine sehr einfache und für alle verständliche Weise deutlich gemacht, was "Glaube" ist: Vertrauen zu einem anderen, zu dem man gehen kann, auf den man sich verlassen kann, der einem Hilfe und Orientierung gibt zum Leben. Denn der Mensch braucht zum Leben und Überleben nicht irgendetwas oder viel; was er braucht, ist jemand, zu dem er gehen kann.

Schon für ein Neugeborenes ist Vertrauen, "Urvertrauen", eine ursprüngliche Kraft. Es findet und entfaltet sie in der Begegnung mit der ersten Bezugsperson, der Mutter. Oder auch nicht! Ein solches Urvertrauen (oder Misstrauen) bleibt entscheidend für das ganze Leben. Wer ein Mensch des Vertrauens, des Zu-Trauens, ist und wem solche Fähigkeit zugewachsen ist – der vermag diese Haltung auch auszuweiten auf andere Bezugspersonen: auf Freunde, Mitarbeiter, Lehrer und Priester, schließlich auch auf Gott. Er vermag "mit dem Herzen zu sehen". Für ihn gibt es jemanden, der dem Ganzen des Weltgeschehens eine Sinnstruktur verleiht. Für ihn ist in innerer Gewissheit evident, "was die Welt im Innersten zusammenhält" – eine Einsicht, die Theologen und Wissenschaftler rational nicht zu begründen vermögen.

Eltern ist es als erstes aufgegeben, bei einem Kind zu fördern und zum Wachsen zu bringen, was wurzelhaft angelegt ist. Eltern können bei dieser Aufgabe kläglich versagen. Die Kirchen haben es auf weiten Strecken auch nicht verstanden, den im Menschen angelegten religiösen Sinn zu entfalten, "empor zu bilden". Sie haben es versäumt, die religiöse Antenne zu wecken für jene Macht (Gottes), die schon immer im Leben des Menschen unaufdringlich wirksam ist (unabhängig von kirchlicher Verkündigung, Liturgie, Sakramentenspendung...). Stattdessen haben sie vorschnell die Menschen mit moralisierenden und theologischen Kenntnissen überfrachtet. Das hat zu einer religiösen Überfütterung geführt mit dem Ergebnis der religiösen Verarmung und Unterernährung in dem Augenblick, in dem aufgeklärte Menschen sich vom Tropf der Kirchen frei machten. "Ich bin ein gläubiger Mensch, aber mit der 'Amtskirche' will ich nichts zu tun haben". Diese weit verbreitete Aussage ist bezeichnend für die heutige Zeit. Die Kluft geht so weit, dass selbst suchende Menschen am wenigsten Hilfe und Antwort von den Kirchen erwarten. Warum wundern wir uns dann, wenn die Menschen auf die suche nach ihrer eigenen Religion gehen oder gar sich eine „Patchworkreligion“ basteln? Warum wundern wir uns, dass der Buddhismus die am schnellsten wachsende Lehre in Europa ist? Warum entwickelt sich der Islamismus so rasant in unseren Städten? Kardinal Schönborn hat es klar ausgesprochen: Wir Christen erleben in diesen Tagen, dass wir nicht mehr Herr im eigenen Haus sind sondern vielfach nur noch geduldete und manchmal belächelte Gäste.

Die vorrangige Aufgabe der Kirchen müsste es auf Zukunft hin sein, Maßnahmen zu ergreifen, die im menschlichen und religiös-sittlichen Bereich jenes Vertrauenspotential schaffen, welches Eltern mit anderen Möglichkeiten bei ihren Sprösslingen brauchen. Wo dieses Potential fehlt, werden die Kirchen zum Hindernis des Glaubens. Erst wo die "religiöse Antenne" des Vertrauens vorhanden ist, können Menschen, wenn sie wollen, sich mit theologischen Fragen und Problemen auseinandersetzen und sich von Katechismen inspirieren lassen. Die Frage: Wie viel Theologie, Dogmatik, "Lehre der Kirche" braucht der Mensch?, kann dann jeder für sich selbst entscheiden. Lebensnotwendig ist all das nicht. Notwendig ist und bleibt, allen Widerwärtigkeiten des Lebens zum Trotz, jenes Ur-Vertrauen, welches dem Menschen eine innere Kraft, Gewissheit und Zuversicht gibt, auf seinem Weg zu bleiben – jenseits aller Lehren und Ideologien.